Rudolf Flesch , US-amerikanischer Autor und Experte für Lesbarkeit von Texten.

Dienstag, 12. April 2016

In der Ukraine - da läuft so einiges schief....

....und man weiss eigentlich gar nicht wo man anfangen soll.
Korruption? Immer ein Thema in der Ukraine. Das Land ist durchsetzt von Korruption und Schmiergeldaffären. Es wäre vermessen in Sachen Korruption nur mit dem Finger auf die ukrainischen Oligarchen zu zeigen. Es ist, und wird es noch lange bleiben, ein gesamtgesellschaftliches Problem. Angefangen vom kleinen Polizeibeamten, über den behandelnden Arzt in der staatlichen Klinik bis hin zum Uniprofessor. Korruption lohnt sich, nach wie vor. Angst vor Strafverfolgung muss man in der UA de facto nicht haben. Wie denn auch, wenn Staatsanwaltschaft und Richter ebenso gerne die Hand aufhalten.
Man will als Ukrainer eine Firma gründen? Kein Problem, sofern man zu den Gründungskosten einen 25% Aufschlag mit einberechnet um all die Institutionen für die dafür nötigen Genehmigungen und Unterschriften zu bezahlen.
Soziale Sicherheit? Oh Mann, ein ebenso großes Thema wie die Korruption, aber bei weitem nicht so im Fokus der Öffentlichkeit wie es eigentlich sein sollte. Um es auf eine einfache Formel zu bringen: Wer in der Ukraine einen (Arbeits)-Unfall hat, schwer erkrankt oder in eine sonstige soziale Schieflage wie Schulden oder Arbeitslosigkeit gerät hat schlichtweg Pech gehabt. Geschiedene Frauen trifft es da mitunter besonders hart. Die staatlichen Zuwendungen bewegen sich im Bereich der Lächerlichkeit, die kostenlose Gesundheitsversorgung ist trotz sehr gut ausgebildeter Ärzte eher "theoretisch" und die Kosten für Wohnraum und Lebensmittel bezogen auf ein Durchschnittseinkommen sind in der Ukraine verhältnismäßig hoch. In unserer Nachbarwohnung, ebenfalls eine 3-Zimmerwohnung mit etwa 60 qm, wohnten drei Generationen. Die Babuschka, sowie das Ehepaar mit zwei Kindern. Nicht wegen der vielgepriesenen Familienbande und weil sie das so wollten, sondern schlichtweg aus der Notwendigkeit heraus weil sie es mussten um die Kosten zu decken. Trotzdem beide berufstätig waren und die Babuschka ihre Rente bezog hat es gerade mal so zum Leben, oder besser gesagt zum Überleben gereicht.
Umweltbewusstsein in der Ukraine? Lächerlich. Wenn ich am morgen auf dem Balkon unserer Wohnung in Saporischschja einen Kaffee getrunken habe und meinen Blick über den Djnipr zu den Industrieanlagen der Stadt habe schweifen lassen konnte ich mich an den Abgasen der Industrieschlote in den schönsten Farben "erfreuen". Vom kräftigen ocker-gelb bis hin zu schwachen violett war die Farbpalette der Rauchschaden welche die Schlote in den Himmel bliesen. Geht man dann zum einkaufen aus dem Haus fallen als erstes die achtlos weggeworfenen Zigarettenkippen im Treppenhaus auf. Auf dem Weg geht es dann im selben Stil weiter. Vorbei an wilden Müllhalden und achtlos weggeworfenen Verpackungsmüll jeglicher Art, den streunenden Hunderudel ausweichend auf den ohnehin verschmutzten, bei Regen ggf, verschlammten Gehwegen, falls diese überhaupt noch vorhanden sind.
Und zu alledem kommt noch die allgegenwärtige Willkür und Rücksichtslosigkeit im täglichen Umgang miteinender in der Ukraine. Der Handwerker erscheint nach halber getaner Arbeit einfach ein paar Tage nicht mehr weil er einen lukrativeren Auftrag reinbekommen hat, Menschen reisen wegen wichtiger Dokumente hunderte Kilometer zu einer Behörde an um einfach wieder nach Hause geschickt zu werden, denn die Dokumente sind nun doch noch nicht fertig und der betrunkene Bomsch wird einfach am Straßenrand liegengelassen. Bei deutlichen Minusgraden!
Wie es in der ukrainischen Gesellschaft in der das Leben eh schon hart genug ist um die gesellschaftlich und sozial Benachteiligten, wie Waisenkinder, Kriegsversehrte, körperlich und/oder geistig behinderte Menschen steht brauche, und ehrlich gesagt will ich auch gar nicht weiter ausführen!
Und zu all diesen Problemen die selbst wirtschaftlich besser gestellte Gesellschaften vor eine fast unlösbare Herausforderung stellen kommt der Verlust der Krim sowie der Krieg im Donbass hinzu!
DAS ist der Alltag, DAS ist die Realität in der Ukraine! 
Und NEIN, um es hier auch mal ganz deutlich zu sagen: "Die ukrainischen Oligarchen und Putin`s Russland sind nicht an allem Unbill in der Ukraine schuld!"

Die Ukraine besteht eben nicht nur aus touristischen Attraktionen, sehenswerten Landschaften und Kulturzentren mit hochgebildeten, attraktiven Frauen, deren Männer sich voller Stolz und mit Patriotismus im Herzen in den Kampf gegen die russische Aggression stürzen.
Probleme müssen nicht nur erkannt, sondern auch immer wieder benannt werden. Unangenehme Wahrheiten müssen ausgesprochen werden. Eine ordentliche Selbstkritik fällt zwar schwer, ist aber der entscheidende Schritt in die richtige Richtung.
Wenn wir uns scheuen gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Probleme welche die Ukraine selbst betreffen anzusprechen leisten wir dem Land dem wir uns verbunden fühlen einen "Bärendienst" und landen mittelfristig genau dort wo Russland, die russische Gesellschaft heute steht. Wir sollten eben nicht wie die russischen Medien und all ihre treuen Putinisten damit beginnen ein "Traumland" zu erschaffen das es so nicht gibt, jeden kritischen Bericht zur politischen und wirtschaftlichen Lage als ( bezahlte ) Propaganda und Hetze verschreien, kritische Stimmen von Politikern und Journalisten denunzieren und diese als Volksverräter betiteln sowie bei jeder unangenehmen Wahrheit eine große internationale Verschwörung wittern. Denn damit beschreiten wir den direkten Weg - wie in Russland - nach Zombieland, machen es korrupten Politikern mit unlauteren Zielen leicht das Land noch weiter an den Abgrund zu führen und kapitulieren letztendlich vor der Wahrheit!

In diesem Sinne

Слава Україні! Героям Слава! Слава Нації! Смерть ворогам!